Zur Basler Fasnacht - für Unwissende


Die Basler Fasnacht – im Folgenden einfach Fasnacht genannt – unterscheidet sich stark vom rheinischen «jecken» Karneval. Dafür sorgt schon die strikte Trennung zwischen Aktiven und Zuschauern.

Jeder der ca. 18'000 aktiven Fasnächtler trägt ein Kostüm mit einer Larve (Maske). Darunter werden das Gesicht und der gesamte Körper verdeckt, der Träger des Kostüms ist nicht zu erkennen. Es gehört zum guten Ton, dass ein Fasnächtler sich nicht in der Öffentlichkeit erkennen lässt. Die Cliquen tragen, ausser beim «Morgestraich» und am Fasnachts-Dienstag, einheitliche Kostüme, die meist dem Sujet (Thema) der Clique angepasst sind. Oft sind die Larven Personen des öffentlichen Lebens (Politikern und anderen Prominenten) nachempfunden, manchmal auch Comic-Figuren oder Tieren. Es gibt aber auch traditionelle Larven, etwa jene die an die französische Armee der Napoleonischen Kriege erinnern, Harlekine, Alte Tanten oder die vor allem bei Einzelpersonen und Wagencliquen beliebten Waggis-Larven.

Am auffälligsten sind die Pfeifer- und Tambouren-Cliquen. Diese spielen bei ihrem Gang durch die Innenstadt Märsche, ihre Piccoloflöten werden vom Rhythmus ihrer Basler Trommeln begleitet. Die Basler Innenstadt wird somit in diesen drei Tagen zum Platz des grössten Pfeiferkonzerts der Welt. Eine Clique besteht meist aus einem «Vortrab» (Platzmacher), den Pfeifern, dem Tambourmajor (Dirigent) und den Tambouren (Trommlern). Die Cliquen folgen dabei keinen bestimmten Routen (ausser am Cortège). Es kommt dabei immer mal vor, dass sich der Weg mehrerer Cliquen kreuzt. In dem Fall bleibt eine Clique stehen und wartet, bis die andere passiert hat. Steht man als Zuschauer einer Clique im Weg, wird man vom «Vortrab» freundlich beiseitegeschoben.

Neben den pfeifenden Cliquen nehmen Guggenmusik-Gruppen mit Blechblasinstrumenten an der Fasnacht teil. Diese sind allerdings nicht beim «Morgestraich» anzutreffen, sondern nur bei den Cortèges am Montag und Mittwoch und an den Abenden, insbesondere am Dienstagabend bei den Gugge-Konzerten. Weiterhin ziehen viele Einzelpersonen und kleine Gruppen durch die Strassen. Sie werden als «Schyssdräggziigli» bezeichnet und bewerfen beispielsweise als «Waggis» kostümiert «ahnungslose» Zuschauer mit Konfetti (im Baseldeutsch Räppli genannt) beziehungsweise stopfen es diesen auch mal in die Jacke.

Die meisten Cliquen haben sich für die Fasnacht ein sogenanntes Sujet (französisch für «Thema») vorgenommen, das während der Fasnacht präsentiert wird. Es handelt sich dabei um Themen der Zeitgeschichte, an denen in meist satirischer Form Kritik geübt wird. Die Sujets werden beim Morgestraich auf Laternen dargestellt. Beim Cortège sind auch die Kostüme, Larven und oftmals ein Requisit dem Thema angepasst. Praktisch alle Cliquen verteilen ausserdem passende Zeedel (Handzettel mit ironischen Versen).


Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Basler_Fasnacht

Verordnung in Betreff der Fastnacht

Aus dem Kantonsblatt 1838, Erste Abteilung, Nummer 9, Seite 88

Die eingefleischten Fasnächtler unter meinen Sitebesuchern werden feststellen dass es gewissen Dinge bereits vor 170 Jahren gab. So ist die Rede von einem Morgenstreich der nicht vor Vier Uhr früh beginnen darf. Und der Cortège ist nach wie vor am Montag und am Mittwoch. Indes ist damals noch ganz amtlich von "Umzügen" die Rede, was man heute im fasnächtlichen Vokabular meidet. Ausserdem lag es offenbar im Ermessen der Polizei, zu beurteilen was ein anständiges Kostüm sei und was nicht.


E.E. Stadtrath hat mit Genehmigung der H. Regierung angemessen erachtet, aus Anlass der bevorstehenden Fastnachtszeit Folgendes zu verordnen:

1. Es ist gestattet, Montags den 5ten, Dienstags den 6ten und Mittwochs den 7 Merz dieses Jahres, am 6ten jedoch erst nach dem Gottesdienste auf den Strassen der Stadt zu trommeln; mit dem sogenannten Morgenstreich darf nicht vor 4 Uhr Morgens angefangen werden; ebenso ist den Kindern wie bisher erlaubt, während der Fastnachtszeit in anständiger Kleidung sich sehen zu lassen.

2. Am Montag den 5ten und Mittwoch den 7 Merz sind die Umzüge aus den Quartieren unter gehöriger Aufsicht bewilligt.

3. An den genannten beiden Tagen wird auch gestattet, von Nachmittags 1 Uhr an in anständiger Verkleidung und in Masken, jedoch unter Beobachtung der im § 50 der Polizei-Strafordnung enthaltenen Vorschriften umherzugehen.

4. Endlich können an den gleichen Tagen auch Maskenbälle gehalten werden, nach vorher eingeholter besonderer Bewilligung und Bezahlung der Gebühr an die Armenhäuser.

5. L. Polizeidirektion ist beauftragt, auf Übertretung dieser Verordnung sorgfältig zu wachen, und Fehlbare dem betreffenden Richter zur gebührenden Bestrafung zu verzeigen.

E.E. Stadtrath erwartet übrigens, dass diejenigen welche an der Fastnacht Theil nehmen wollen, sich werden angelegen seyn lassen, jegliche Störung der öffentlichen Ordnung und Sittlichkeit zu vermeinden.

Gegeben den 19.Februar 1838 Aus Antrag E.E. Stadtraths
Kanzlei der Stadt Basel


Quelle: https://grabmacherjoggi.ch/allergattigs/allergattigs_07.html


Waggis

Der Waggis ist eine der beliebtesten Figuren an der Basler Fasnacht. Er stellt dort, ausgestattet mit einer übergrossen Nase, einen elsässischen Taglöhner in der Werktagstracht eines Gemüsebauern dar. Woher das Wort kommt, ist allerdings umstritten.

Alte Quellen fehlen; erstmals schriftlich belegt findet sich der Waggis im Jahre 1870 in der Schweizer Zeitschrift «Gwunderchratte». Das Wort kommt in den Varianten Waggis, Wagges, Wackes und ähnlich aber in weiten Teilen des deutschen Sprachgebietes vor – in der Nordwestschweiz, im Elsass, in Lothringen, Luxemburg, Saarland, Rheinland-Pfalz, Hessen, Baden-Württemberg, Teilen Bayerns, Thüringen und Südostsachsen. Als Bedeutungen geben die Wörterbücher zumeist liederlicher Mensch, Grobian, Rüppel, Nichtsnutz, Taugenichts, Herumtreiber, Lümmel, Strolch und Ähnliches an; weitere, nur regional vorkommende Bedeutungen sind kleines oder dickes Kind, (untersetzter) kräftiger Kerl, plumper Mann, Bahnarbeiter oder Saarschiffer, und last but not least kommt bzw. kam der Begriff verbreitet als Schimpfwort für die Elsässer und Lothringer vor.

Für die Herkunft des Wortes gibt es zwei Haupterklärungen, die beide von Baslern initiiert worden sind. Der Basellandschäftler Sekundarlehrer Gustav Adolf Seiler führte in seinem Basler Mundartwörterbuch von 1879 Waggis auf lateinisch vagus «Landstreicher» zurück, eine Erklärung, die von anderen Wörterbüchern aufgegriffen wurde und geradezu höchste Weihen erhielt, als sie um 1960 herum von Walther Mitzka in seine Bearbeitungen von Kluges «Etymologischem Wörterbuch der deutschen Sprache» aufgenommen wurde. Die andere Erklärung sprach erstmals 1902 der baselstädtische Volkskundler Eduard Hoffmann-Krayer an, und weiter ausgeführt wurde sie 1963/4 vom Freiburger Germanisten Otmar Werner. Hiernach liegt Waggis, Wackes das schriftdeutsch zwar ausgestorbene, dialektal aber da und dort noch lebendige wagge(n), wacke(n) «sich hin und her bewegen, wackeln, schwanken» zugrunde.

Die zweite Erklärung hat doch sehr viel für sich. Ein Waggis, Wackes im Sinne von «Tunichtgut, Lümmel, Rüppel» ist demzufolge jemand, der «umherwackt», also umherzieht bzw. herumlungert, statt einer anständigen Arbeit nachzugehen. Und der Wackes in der Bedeutung «dicker Mensch» oder «kleines Kind» ist jemand, der herumwackelt. Dass die Deutschen ihre 1870/71 gewonnenen linksrheinischen Mitbürger als Wackes bezeichneten, wirft also kein gutes Licht auf das deutsch-elsässische Verhältnis...

Die Endung ‑is, ‑es schliesslich ist in den deutschen Dialekt recht üblich, um einen Menschen negativ zu charakterisieren. Weitere Beispiele aus dem schweizerdeutschen Wortschaftz sind Bhau(p)tis «Rechthaber», Binggis «Knirps», Chnolpis, Chnülfis «ungestalteter Bursche», Chnuupis «dicker, grober Kerl», Chnürbis, Chrübis «Knirps», Gääggis «Zauderer», Gäuggis «Geck», Ginggis «Knirps», Gnigis, Griggis «Schwächling», Gumpis «kleines Kind», Hosebumpis «Kleinkind», Malööggis «unreinlicher Mensch», Naaggis «Narr», Pfunggis «dicker Mensch», Poris «Knirps», Schminggis «Taugenichts», Schmulfis «Dickkopf», Spägis «magerer Mensch», Spinggis «Pedant», Suurrääbis «Sauertopf» und Tampis «plumper Mensch». Hübsch farbig-kräftige Wörter, nicht wahr?


Quelle:  https://idiotikon.ch/wortgeschichten/waggis

Bildquelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Waggis
ganz rechts:  Waggis auf einem Plakat von Otto Plattner (1934)

Ein Elsässer ist kein Waggis!

Waggis, Woggis, Wackes: die groteske Verzerrung vergessener Geschichte.

Das beliebteste Basler Fasnachtskostüm hat einen sozialen Hintergrund. Woher das Wort « Waggis» stammt.

Von Jürg-Peter Lienhard 

Er ist eine der beliebtesten Basler Fasnachtsfiguren, wenn nicht gar die beliebteste überhaupt: der «Waggis». Nur vermeintlich ist er «der Elsässer», und schon gar nicht der Neudörfler «Gmiesbuur». Im Elsass, wo er aber gleichwohl als Kind der industriellen Revolution «geboren» worden war, ist sein Ruf noch heute zwielichtig. «Wogges», «Wackes» ist darum bei unseren Nachbarn ein wenig schmeichelhaftes Personenattribut. Wer aber war, oder ist, der «echte Waggis», und warum sind viele Basler Fasnachtsteilnehmer unter den grotesk verzerrten Trachtenkarikaturen auch übers Jahr eben auch «echte Waggis»? Ein Blick zurück auf die jüngste Fasnachts- und Regio-Geschichte mit Jürg-Peter Lienhard

Der ganze Text kann hier nachgelesen werden: https://www.jplienhard.ch/html/artikel/artikel_waggis.htm


oben; die älteste Abbildung eines Waggis in Basel: Aus dem Stammbuch
der Gymnasiastenverbindung «Paedagogia» 1874. (Depositum im Staatsarchiv Basel)


Fasnachts-Chronik (1802–1973)

Die Geschichte der Fasnacht in Basel kann hier nachgelesen werden: https://fasnacht.ch/service/chronik/

Spannend zu wissen, dass es 1835 eine neue Verordnung gab, die es erlaubte, den Morgenstreich um 4 Uhr zu starten: 
Die Fastnachts-Verordnung wurde freiheitlich umgeändert, so dass sie im Allgemeinen mit der heutigen noch gültigen übereinstimmt. Darin wird unter anderem der Morgenstreich auf 4 Uhr angesetzt. Einen weiteren Grund für dieses Umdenken dürfte auch die Tatsache gewesen sein, dass der junge Stadt-Kanton ein neues Selbstbewusstsein mit einem glänzenden Aufzug von Possenreisser an der Fastnacht zur Schau stellen mochte.


altBasel.ch 

Eine sehr spannende Seite mit vielen Informationen zur Basler Fasnacht. Und hier sind viele Fakten zur Geschichte der Basler Fasnacht nachzulesen: https://altbasel.ch/downloads/altbasel.ch-geschichte-der-fasnacht.pdf und https://altbasel.ch/dossier/fasnacht.html

Morgenstreich der Basler Kinder um 1872. In napoleonischer Tradition machen (falsch)bärtige Sappeure den Weg frei. Man beachte die damaligen Laternentypen | Holzstich nach Carl Huth.


Quelle: https://altbasel.ch/dossier/morgenstreich_basel.html


So entsteht eine Blaggedde


im Beitrag von TeleBasel wir erklärt, wie eine Blaggedde entsteht.Telebasel: So entsteht eine Fasnachtsplakette, 2.1.2016 oder auf YouTube


Interview von Rudolf von Rohr zur Basler Fasnacht in der astreaApotheke


Fasnacht in allen möglichen Erscheinungsformen bedeutet für unzählige Menschen
so etwas wie eine kurzfristige, geistig-seelische Wellnesskur. In der Region Basel kennt
sich der Urfasnächtler Felix Rudolf von Rohr ganz besonders gut aus.

astreaApotheke_Basler_Fasnacht_2020.pdf